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Planungsdaten
EU-weiter, offener Wettbewerb
Wettbewerb: April 2020
Projektdaten
Grundstücksgröße: 80.000 m²
Bebaute Fläche: 14.029 m²
Nutzfläche: 16.065 m2
Auftraggeber
Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.
Team
Architektur: goya
Freiraum: Simmer Zimmermann
Modell
Mattweiss
PROJEKTBESCHREIBUNG
„Keep distance“
Niemand will hinein, alle wollen schnell wieder hinaus – ein Gebäude voller Zwiespalt. Geschlossenheit vermitteln um Lektionen zu erteilen und gleichzeitig Freiheit bieten um die Resozialisierung zu fördern. Hier liegt die Schwierigkeit der Aufgabe - ein Gebäude als eigene kleine „Stadt“ zu entwerfen, welche funktional einwandfrei getrennt funktionieren muss, jedoch architektonisch einen Anspruch an Wohlfühlcharakter stellt und eine starke, identitätsstiftendende Außenwirkung der Gebäudeform fordert.
Leitidee des Entwurfes
- Städtebaulichen Anordnung I Umgang mit Gelände
- Wegeführung
- Qualität der Freiräume
Städtebauliche Aspekte
Städtebaulich nutzen wir die Gegebenheiten des Bauplatzes aus und beziehen den Niveausprung in den Entwurf mit ein. Zur Straße hin orientiert sich der eingeschossige, flache Wirtschaftstrakt während im Süden der dreigeschossige Haftriegel im Untergeschoss angesiedelt ist und das höchste Bauvolumen darstellt. Es entsteht eine unaufdringlich, flache Struktur auf dem gesamten Areal, welche im Einklang mit der Umgebung steht und keinerlei Massivität ausstrahlt.
Die städtebauliche Konzeption basiert auf den funktionalen Abläufen des Betriebes. An der Josef-Sabltanig-Straße angeordnet befindet sich die Zuwegung und Anlieferung des Gebäudes, um Wege so kurz & schnell wie nur möglich zu halten. Im Süden liegt der Hafttrakt mit den unterschiedlichen Ausblicken der Hafträume in die Außenbereiche. Gesperre und Halbgesperre können ordnungsgemäß getrennt werden und es finden keinerlei Kreuzungen statt.
Der Weg des Häftlings …
Durch die Schleuse im Anlieferungshof angekommen werden die Häftlinge direkt in das Halbgesperre der Aufnahmestraße gebracht, durchsucht und aufgenommen. Nach der Aufnahme kommen sie über die Magistrale ins Gesperre zum Drehkreuz und in ihren zugewiesenen Hafttrakt. Bei der Entlassung führt der Weg, analog zu jenem der Aufnahme, in die andere Richtung. Es entstehen keinerlei Kreuzungen mit Besuchern oder Freiräumen.
Der Weg des Besuchers …
Geparkt werden kann im Norden vor dem Haupteingang des Areals. Die Torwache stellt sowohl Schleuse für Lkws & Busse wie auch für Besucher dar. Hier werden sie untersucht und in einen Warteraum gebracht. Der Häftling kommt durch einen Wärter geleitet über die Magistrale zum Warteraum. Der Besucher verlässt das Gebäude wieder über die Sicherheitszone am Eingang.
Der Weg des Wachmannes …
Der Bediensteten-Parkplatz befindet sich im Westen der Torwache. Der JVA-Bedienstete betritt das Gebäude beim Eingang und geht direkt zum internen Stiegenhaus ins Untergeschoss. Hier befinden sich Garderoben, Fitnessbereiche und Schießanlagen. Nach dem Umziehen gelangt der Bedienstete über das im Süden gelegene STGH wieder in das Erdgeschoss zur Magistrale und zu den Büroräumen. So kann ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden.
Architektonisch I Funktionale Aspekte
Im Norden angesiedelt befindet sich die Zufahrt mit Vorplatz und Parkplatzareal der Justizanstalt Klagenfurt. Die Torwache mit der Schleusenanlage bildet den Eingang ins Areal, durch die man in den Anlieferungshof gelangt. Gleich angrenzend kommt man in den Wirtschaftshof mit den Zufahrten zu Küche und Arbeitsbereichen, sowie außenliegenden Garagen und Unterstellplätzen. Entlang der Torwache folgt der Besucherbereich mit den unterirdischen Wach-Nebenräumen. Ebenfalls an den Anlieferungshof angeschlossen liegen die Aufnahme der Häftlinge und der gesamte Verwaltungsbereich. Die verbindende Straße, „Magistrale“, die als Verteilerstraße vieler Funktionen (Küche, Wäscherei, Arbeitsbereiche) dient, liegt im Süden des Wirtschaftsgebäudes und wird vertikal über 3 Stiegenhäuser erschlossen. Durch die klare, orthogonale Anordnung wird Flexibilität und Übersichtlichkeit geschaffen. Der flache Gebäudeteil besticht durch die zurückhaltende Geste und die innenliegenden, großzügigen Höfe. Die Verbindung zwischen Wirtschaftsgebäude und Haftgebäude ist zweigeschossig und mit allgemeinen Nutzungen, wie Glaubensräumen und dem Mehrzweckraum, bestückt.
Das Haftgebäude weist eine sternförmige Kubatur auf, welche Privatheit und spannende Ausblicke in unterschiedliche Richtungen bietet. In jedem der Finger sind Haftplätze für 34 Personen angesiedelt, zudem Wirtschafts- und Allgemeinräume. Da jede Abteilung kleine Abweichungen zur jeweils angrenzenden Abteilung hat, werden Restflächen als Terrassen oder Departement Flächen genutzt. Der Vorteil der Sternform liegt im überwachenden „Auge“. Die Aufsicht ist genau zentral in der Mitte des Sternes angesiedelt und kann in die vier Abteilungen Einblick nehmen.
Im Untergeschoss befinden sich die Krankenabteilung, der Mehrzweckbereich sowie der Fitnessbereich, jeweils mit Ausblicken in die Freibereiche. Durch das Abrücken des Haftgebäudes entstehen zwei weitere Binnenhöfe, einmal mit Sportflächen und zum anderen als Kulturgarten ausgestatten, welcher mit Kunstobjekten der Arbeitsstätten bestückt werden kann. Entlang des Gebäudes im Osten befindet sich eine im Gelände verlaufenden Straße, die auch für die Gärtnerei und Freiraumpflege optimal genutzt werden kann. Die Freigänger und Besucherzimmer befinden sich außerhalb des Gesperres im Westen angesiedelt. Ein Blickbezug zum Gefängnis ist gewünscht, jedoch sollen sie als eigenständiges Gebäude fungieren.
Die Besucherparkplätze sind im Norden des Gebäudes angesiedelt, während die Bediensteten im Westen neben dem Freigänger-Haus parken. Die Grenzmauer entspricht den gesetzlichen Vorgaben und wird mit eingelegten Matrizen bestückt. Eine schräge Vorplatzsituation in der Außenmauer lässt einen einladenden Zufahrtsbereich generieren.
Ökologische I Ökonomische Aspekte I Brandschutz
Neben der städtebaulichen Anordnung und der Einbindung ins Gelände war der dritte wichtige Punkt im Entwurf die Qualität der Freiräume. Der Häftlingsbereich lässt im Süden durch die sternförmige Anordnung der Finger unterschiedliche Orientierungen sowie Freibereiche in den Zwischenräumen zu und wird von einer fließenden Gärtnereianlage umgeben. Ohne komplizierte Wege oder Kreuzungen können die Häftlinge direkt in deren zugeteilten Freibereich gelangen. Das Wirtschaftsgebäude im Erdgeschoss weist eine ausgedehnte Struktur auf und kann dadurch die Vorteile der Innenhöfe nutzen. Durch die ebenerdige Ausbildung wird ein dynamisches Zusammenspiel zwischen Innen- und Außen geschaffen.
Der Entwurf sieht eine klare Gebäudevolumetrie mit wirtschaftlicher Einbettung in die bestehende Topographie vor. Das statische System ist einfach gehalten: die Lastabtragung erfolgt über alle Geschoße in den Außenwänden und tragenden Innenwänden. Die Tragwerksstruktur des Häftlingsgebäudes baut auf vorgefertigten, mehrschaligen Sichtbeton-Wandelementen auf. Insgesamt können die Häftlingsräume in Modulbauweise ausgeführt werden was eine wirtschaftliche Art und Weise für schnelles, effizientes und daher ökonomisches Bauen darstellt.
Die Zufahrts- und Bewegungsflächen für die Feuerwehr sind sowohl im Erdgeschoss wie auch im Untergeschoss befahrbar, befestigt und zugänglich. Alle Fluchtwege führen innerhalb 40m direkt ins Freie oder in sichere Treppenhausanlagen. Die Brandabschnitte werden geschossweise und funktionsweise unterteilt. Bauteile werden ÖNORM-gemäß mit Feuerwiderstandsklassen ausgewählt. Für die Fassaden werden Klinker und Fertigteilbeton-Elemente verwendet, welche nichtbrennbare Stoffe darstellen.
Materialität
An der Fassade dominiert im Haftbereich der leicht eingefärbte Stahlbeton während im Wirtschaftsbereich die Klinkerfassade Anwendung findet. Die Klinkerfassade bildet in ihrer Materialität die rauhe Ebene des Gebäudes ab und besticht durch die Langlebigkeit des Materials. Beide Fassaden werden in einer ähnlichen Farbfamilie in einem freundlich hellen Beige ausgeführt. In den Haftzellen erfolgt die Durchlüftung mittels seitlichem Öffnungsflügel und vorgehängtem Lochblech. So kann dem Häftling eine Aussicht ohne Gitterstäbe oder Folien gewährleistet werden. Die Grenzmauer wird technisch entsprechend der Vorgaben ausgeführt und mit eingelegten Matrizen und schräg verlaufenden Linien optisch aufgewertet.